Der erste Urlaubstag in Sagres an der Algarve, das Kap S. Vicente fast in Sichtweite. Klar, dass es Nahe lag mit einem der zahlreichen Leihräder dorthin zu fahren. Auf meine Frage, wo ich am schnellsten ein Rad dafür bekommen könnte, erntete ich ungläubiges Staunen: “That’s really far! 6 kilometers! Are you sure about taking a bike? …I could never do it. It’s really exhausting.”. Gut, die Strecke ist etwas hügelig, was ich – aus der norddeutschen Tiefebene kommend – nicht gewohnt bin. Aber sechs Kilometer als unschaffbar zu bezeichnen? Pah.
Also auf zum Surfshop, bei dem es drei Cruiser zu leihen gab. 26″ Räder, weiß mit pinkem Muster, nicht gerade meine Lieblingsfarben. Nun ja, der Cruiser sollte mich bis ans Kap bringen, sonst nichts. Der erste mir angebotene Cruiser war etwas schwach auf den Reifen. Auf meine Frage nach einer Luftpumpe lächelte die gute Dame peinlich berührt und bot mir das nächste Rad an. Mit etwas mehr Reifendruck ging’s also erstmal zur nächsten Tankstelle zum Aufpumpen.
Ich war überrascht wie bequem sich das Rad – einmal aufgepumpt – fuhr. Es wurde spannend, der erste zweispurige Kreisverkehr lag vor mir, gefolgt von einer im Horizont verschwindenden langen Straße. “Road to nowhere” kam mir in den Sinn. Gedanklich war ich darauf gefasst, jederzeit rechts ins Gebüsch / den Graben zu springen, in der Annahme, dass die portugiesischen Autofahrer mich mit max. zehn cm Abstand überholen würden. Das Gegenteil war der Fall. Überholt wurde ich mit mindestens 1,5m Abstand, eher mehr. Meist wichen die Fahrer auf die Gegenfahrbahn aus. Sogar als ich das Rad an ein Verkehrsschild gelehnt fotografierte, hielt ein Überholer eine halbe Fahrbahnbreite Abstand. Unglaublich, bis dato hatte ich die portugiesischen Autofahrer eher als Kamikazefahrer kennengelernt. Nun hätte ich sie gerne in Hamburg anstelle des Gros der hiesigen Fahrer.
Kurz vorm Kap sah es aus, als würde ich auf eine Smogwolke zufahren. Der berühmte Leuchtturm lag im Nebel. Beständig tutete das Nebelhorn, zu sehen war nur weiße Suppe, der unterm Kap rauschende Atlantik war kaum zu erahnen.
Horden von Touristen wurden mit dem Bus herangekarrt, kamen per Mietwagen. Ich erntete mitleidige Blicke beim Anschließen des Cruisers, blickte ebenso mitleidig zurück. Ein stilisierter, metallener Radfahrer weckte meine Aufmerksamkeit.
Hier beginnt die Ecovia do Litoral. Ein Fernradwanderweg, der meist an der Küste entlang bis an die spanische Grenze führt. Nun erklärten sich mir auch die in regelmäßigen Abständen auf der Straße zu sehenden Symbole.
So entspanntes Radfahren wünsche ich mir in Hamburg!
Note: ein wenig bedaure ich, dass ich mein kleines Rad nicht mitgenommen hab’ und etwas länger geblieben bin. Vor der Abreise hatte ich mit dem Gedanken gespielt an den Brompton National Championships in Lissabon teilzunehmen, die am 20. September stattfinden werden.