Ich bin fremd gefahren. Statt in Hamburg bei der ersten Critical Mass mit über 6000 (!) Radfahrenden den letzten Freitag des Monats ausklingen zu lassen, hab’ ich mit Fiete Leipzig besucht.
Kaum angekommen ging’s zum Augustusplatz vorm Leipziger Opernhaus. Hier standen kleine Grüppchen Radfahrer vorm Brunnen, schnackten und fachsimpelten. Beim Tall Bike mitsamt großer CM-Fahne schaute ich genauer hin. Die Konstruktion unterschied sich ein wenig von der des Tall Bikes, das ich bei der Hamburger Sternfahrt fahren durfte.
Ein Music Bike war dabei. Sobald die ersten Töne aus dem Lautsprecher dröhnten, setzten sich die etwa 60 Radfahrer in Bewegung und fuhren zum Warm up einige Runden um den Mendebrunnen. Als alle in dieselbe Richtung steuerten, ging’s los. Am Gewandhaus vorbei um den ehemaligen Uniturm, am alten Rathaus und der Thomaskirche vorbei gen Zentraltheater. Beeindruckend, wie viele historische und bekannte Stätten wir auf den ersten Metern passierten.
Der Rest war wie Sightseeing für mich. Einzelne Orte erkannte ich, einige Stadtteile waren komplett neu. Die Critical Mass bewegte sich entspannt, blieb zusammen und belegte bei mehrspurigen Straßen meist nur eine Spur. “Sommerfrische” ging mir durch den Kopf, als wir durch den Rosenthalwald fuhren.
Ein Mitfahrer erzählte mir im Laufe der Strecke einiges zu den passierten Orten, Erlebnissen, die er dort hatte, und der Lokalpolitik. Ich freute mich, auf diese Weise Leipzig noch besser kennenzulernen. So gab’s in der aufwendig restaurierten Kongresshalle am Zoo gab’s früher Tanzkurse. Wir fuhren durch Gohlis, das Waldstraßenviertel und Eutritzsch.
Auch ein Feigenbaum war mit dabei. Erst dachte ich an einen Scherz – “nimm deinen Garten mit” o.ä. Aber so war’s nicht. Der Fahrer eines Lastenrades hatte ihn nachmittags erstanden, fuhr die Critical Mass mit und anschließend nach Hause, um ihn einzupflanzen.
Sein Lastenrad war frisch zusammengebaut in der Selbsthilfewerkstatt Radsfatz im Leipziger Osten. Ein weiteres dort gebautes Lastenrad im “Long-John”-Stil fuhr mit, das schon Kühlschränke transportiert hat.
Mit KOLARA gibt es in Leipzig ein Lastenradkollektiv, das sich zum Ziel gesetzt hat, “Lastenräder als Alternative zu Autos im Alltag nutzbarer und präsenter zu machen”. Jeder kann sich beteiligen. Sei es als Pate und damit Ansprechpartner für eins der Lastenräder, als Nutzer gegen eine Spende oder in Beschaffung, Bau und Wartung. Mehr Infos und wie’s funktioniert, finden sich auf KOLARA.
Ein wunderschönes altes Rad sah ich. Sein Besitzer erzählte mir, dass er es vom ersten Fahrer geerbt habe, der es wiederum 1937 (!) erstanden hat.
Mit einigen Ehrenrunden um den Mendenbrunnen endete die gemeinsame Fahrt nach etwa 16km und 1,5h. Hier fahr’ ich bestimmt noch einmal mit!
Note: Die Critical Mass Leipzig fährt am letzten Freitag des Monats. Treffpunkt ist um 18h der Augustusplatz. Am 31. Juli ist’s dann wieder soweit.